Die wettbewerbsintensive Landschaft erfordert oft den Einsatz eines traditionellen AIDA-Rahmens. Doch häufig bleiben Marken-Insights oberflächlich und führen nicht zu umsetzbaren Ergebnissen. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie Marken in einem sich schnell wandelnden Markt sowie angesichts sich rasch verändernder Verbrauchergewohnheiten performen.
Ein neuer Ansatz im Brand Tracking könnte diese Herausforderungen bewältigen. Dieser Ansatz, theoretisiert von einigen der einflussreichsten Persönlichkeiten in der Marktforschung und basierend auf jahrelanger intensiver Forschung, stellt ein umfassendes Instrument zur Stärkung von Marken dar. Die Mental Availability verspricht, die Art und Weise, wie Markenwachstum erreicht wird, grundlegend zu verändern.
💡 Weitere Informationen bietet das Webinar mit unserer Director of Research Louise Leitsch.
Mental Availability beschreibt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Marke in Kaufentscheidungsprozessen ins Bewusstsein gerufen wird. Sie umfasst die Präsenz einer Marke im Gedächtnis potenzieller Käufer in verschiedenen Kontexten und bei unterschiedlichen Bedürfnissen, sodass die Marke leicht abrufbar ist, wenn Konsumenten Entscheidungen treffen.
Jenni Romaniuk, Forschungsprofessorin für Marketing und stellvertretende Direktorin (International) am Ehrenberg-Bass Institute for Marketing Science, hat dieses Konzept in ihrem Buch "Better Brand Health" beschrieben. Dieses Werk entstand in Zusammenarbeit mit Byron Sharp, dem Autor des einflussreichen Marketingbuchs „How Brands Grow“.
Die Autoren stellen darin einen innovativen und effektiveren Ansatz zur Markenforschung vor, der auf der psychologischen Theorie der Mental Availability sowie den Category Entry Points (CEPs) basiert. Dieser Ansatz, gestützt durch jahrelange akademische Forschung, zeigt die Grenzen der derzeit gängigen Kennzahlen zur Messung der Markenstärke auf.
Mental Availability erweist sich als besserer Ansatz zur Beurteilung der Markenstärke, da sie genauer und dynamischer erfasst, wie Marken sich einen Platz im Bewusstsein der Verbraucher sichern und letztendlich umsetzbare Erkenntnisse liefert, wie bessere Ergebnisse erzielt werden können.
Traditionell wird die Markenstärke durch klassische Brand-Tracking-Funnels bewertet, die auf dem AIDA-Ansatz basieren: Attention, Interest, Desire, Action.
Diese beinhalten in der Regel eine Vielzahl von Metriken, die darauf abzielen, ein umfassendes Bild der Marktstellung einer Marke und der Wahrnehmung durch die Verbraucher zu zeichnen: gestützte Markenbekanntheit, ungestützte Markenbekanntheit, Nutzung, Markenbotschaften, NPS, Kundenzufriedenheit und mehr.
Diese Metriken haben als Rückgrat der Markenbewertung gedient und Marketern Daten geliefert, um Strategien zu entwickeln und zu optimieren.
Doch diese KPIs scheitern an der entscheidenden Aufgabe: Sie lassen sich nicht in Marktanteile umsetzen.
Das bedeutet, dass selbst wenn Sie Ihre Marke regelmäßig verfolgen und umfangreiche Marktforschungsstudien durchführen, Sie dennoch im Dunkeln tappen, wie Sie Ihre Marke tatsächlich wachsen lassen können und ob Ihre Bemühungen tatsächlich Früchte tragen.
Ein Mental Availability-Ansatz ist:
Mental Availability wird anhand einer Vielzahl innovativer Metriken erfasst, doch zunächst ist es wichtig, die grundlegenden Voraussetzungen zu betrachten.
Für das Wachstum einer Marke sind zwei wesentliche Elemente erforderlich:
Verbraucher möchten nicht viel Zeit damit verbringen, darüber nachzudenken, welche Marke besser ist als eine andere; sie wollen einfach schnell und effizient eine Entscheidung treffen, zur Kasse gehen, den Kauf abschließen und eine weitere Aufgabe von ihrer To-do-Liste streichen.
Zum Beispiel denken wir an McDonald's, wenn wir ein schnelles Abendessen wollen, wenn wir eine Beförderung feiern möchten, wenn wir uns mit Freunden vor dem Kino treffen wollen usw.
Wenn eine Marke mentale Verfügbarkeit hat, bedeutet das, dass die Marke den Verbrauchern in einer Vielzahl von Kaufsituationen leicht in den Sinn kommt. Diese Kaufsituationen werden als Category Entry Points bezeichnet.
Category Entry Points (CEPs) sind ein zentraler Bestandteil dieser Methodik.
CEPs sind spezifische Situationen, die den Einstieg in eine Kategorie darstellen. Sie bilden die Bausteine der Mental Availability und erfassen die Gedanken, die Käufer einer Kategorie haben, wenn sie sich auf einen Kauf vorbereiten.
CEPs sind die Momente, Anlässe, Orte, Motivationen und Bedürfnisse, bei denen eine Marke ins Bewusstsein der Verbraucher treten könnte.
Wenn eine Marke mit einer Vielzahl von Category Entry Points (CEPs) assoziiert wird, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass sie in verschiedenen Kaufsituationen ins Gedächtnis gerufen wird, was wiederum den Kauf fördert.
Das Verständnis und die Identifizierung dieser CEPs ermöglicht es, die Schlüsselmomente zu erkennen, die für eine Marke entscheidend sind, und ihre Relevanz in diesen Momenten gezielt zu steigern.
Da CEPs das Herzstück dieser Methode bilden, ist es unerlässlich, sie mit größter Sorgfalt und Genauigkeit zu entwickeln.
Wie lassen sich also Category Entry Points erstellen?
Hier sind einige Beispiel-CEPs, die Appinio für die Supermarktkategorie erstellt hat:
Mental Availability wird durch vier zentrale KPIs gemessen, die dazu dienen, das Erinnerungsvermögen einer Marke über verschiedene Category Entry Points (CEPs) hinweg zu erfassen.
Die zentrale Kennzahl in diesem Rahmenwerk ist der Mental Market Share (MMS).
Der MMS kann als ein Tortendiagramm vorgestellt werden, in dem jede Marke einen Teil des mentalen Marktanteils der Verbraucher beansprucht. Einige Marken nehmen dabei größere Anteile ein als andere.
Beispielsweise: Wenn bei der Betrachtung einer bestimmten Kategorie nur Marke A in den Sinn kommt, hält Marke A 100 % des MMS im Gedächtnis. Ein hoher MMS ist erstrebenswert, da er auf eine starke Präsenz in den Gedanken der Verbraucher hinweist.
Der Mental Market Share steht in direktem Zusammenhang mit dem Sales Market Share. Je größer der Anteil, den eine Marke im Gedächtnis der Verbraucher einnimmt, desto höher ist in der Regel auch das Verkaufsvolumen. Ein Ausbau des Mental Market Share führt somit zu einem Anstieg des tatsächlichen Sales Market Share.
Mental Penetration, auch als Mpen bekannt, misst, wie viele Käufer innerhalb einer Kategorie eine bestimmte Marke mit mindestens einem der Category Entry Points (CEPs) assoziieren.
Dabei handelt es sich um eine binäre Messung: Entweder ist die Mental Penetration für eine Marke vorhanden, oder sie ist es nicht. Wenn ein Käufer beispielsweise Marke A mit mindestens einem CEP verknüpft, bedeutet dies, dass er Mental Penetration für Marke A hat.
Dies mag an die unterstützte Markenbekanntheit erinnern, jedoch bietet Mental Penetration eine umfassendere Perspektive. Im Gegensatz zu traditionellen Messmethoden ist sie weniger zugunsten der größten Marken auf dem Markt verzerrt.
Der nächste KPI ist die Network Size.
Diese Kennzahl misst die durchschnittliche Anzahl der CEPs, mit denen eine Marke von Personen in Verbindung gebracht wird, die Mental Penetration für diese Marke haben.
Beispielsweise könnten 75 % der Verbraucher Marke A erkennen und sie mit 10 von 23 CEPs in Verbindung bringen. Zur gleichen Zeit erkennen dieselben Verbraucher Marke B, verbinden diese jedoch nur mit einem CEP. In diesem Fall hat Marke A eine deutlich stärkere Präsenz als Marke B.
Die Network Size ist besonders wertvoll für bereits bekannte Marken wie Nike, Adidas, Apple, Tesla und H&M. Diese Marken müssen nicht nur ihre Bekanntheit aufrechterhalten, sondern auch das Spektrum der Situationen erweitern, in denen Verbraucher an sie denken.
Zusammengefasst: Je größer und robuster das Netzwerk einer Marke ist, desto häufiger wird sie in Kaufentscheidungen berücksichtigt.
Der vierte KPI ist der Share of Mind.
Ähnlich wie der Mental Market Share reflektiert dieser KPI die Präsenz einer Marke im Bewusstsein der Verbraucher. Der Share of Mind misst jedoch speziell diese Präsenz unter denjenigen, die die Marke bereits kennen oder Mental Penetration für sie haben. Damit wird ermittelt, wie viel „mentaler Raum“ eine Marke bei ihrem bekannten Publikum einnimmt. Dies ist besonders nützlich, um zu verstehen, ob Wettbewerber an der Relevanz der Marke gewinnen und somit potenziell deren Konsumenten abwerben.
Nachdem ein fundiertes Verständnis von Mental Availability und den zugehörigen KPIs erlangt wurde und wie diese das Brand Health Tracking revolutionieren können, gibt es ein weiteres spannendes Konzept, das das Markenmanagement auf ein neues Niveau hebt: Mental Advantage / Disadvantage (im Folgenden als Mental Advantage bezeichnet).
Diese Metrik ist äußerst leistungsstark und ermöglicht es:
Mental Advantage erweist sich als hervorragendes Instrument zur Messung von Wahrnehmungen, Positionierungen und der Wirkung von Werbung im Laufe der Zeit. Es liefert spezifische Kontexte, Situationen, Bedürfnisse und Motivationen, die damit verbunden sind, wann und wie Verbraucher an eine Marke denken. Dadurch entsteht ein detailliertes und umsetzbares Bild, anstatt nur eine breite Momentaufnahme zu liefern.
Das Ergebnis der Mental Advantage Analyse
Die Mental Advantage Heatmap bietet eine übersichtliche Darstellung der CEPs, in denen eine Marke dominant in Erinnerung gerufen wird und leicht ins Gedächtnis kommt, sowie der CEPs, in denen noch Potenzial zur Steigerung der mentalen Verfügbarkeit besteht. Dies ermöglicht es, gezielt an den Kaufsituationen zu arbeiten, in denen die Marke weniger präsent ist.
Ein Wert von +10 oder höher wird als Mental Advantage bezeichnet und zeigt an, dass eine Marke eine bestimmte Kaufsituation dominiert und effektive Kommunikationsstrategien verfolgt.
Werte über +10 könnten jedoch auf eine Übersättigung der Verbraucher hindeuten, was möglicherweise eine Umverteilung der Ressourcen erforderlich macht. Werte unter -10 weisen nicht zwingend auf ein Versagen hin, sondern könnten strategische Entscheidungen oder unerfüllte Verbraucherbedürfnisse widerspiegeln. (Die in der Tabelle aufgeführten Werte sind normalisiert, um den Vergleich zwischen Marken einfach und ohne Verzerrungen zu ermöglichen.)
Abhängig von den Mental Advantage Scores lassen sich gezielte Maßnahmen zur Stärkung der Marke ergreifen:
Was bedeuten all diese Informationen für die Markenführung?
Traditionelle Kennzahlen zur Markenstärke sind zwar nützlich, verbinden jedoch oft nicht effizient die Erkenntnisse zur Markenbekanntheit mit der tatsächlichen Verkaufsleistung.
Mental Availability hingegen bietet eine differenziertere Perspektive auf das Verbraucherverhalten, insbesondere durch ihre zentralen KPIs: Mental Market Share, Mental Penetration, Network Size und Mental Advantage.
Diese Indikatoren liefern umsetzbare Erkenntnisse darüber, wie eine Marke im Bewusstsein der Verbraucher über verschiedene Category Entry Points hinweg positioniert ist. Sie gewährleisten, dass die Marke nicht nur bekannt ist, sondern in entscheidenden Momenten als erste Wahl in Erinnerung gerufen wird.
Zum Beispiel kann die Steigerung des Mental Market Share direkt die Verkaufszahlen beeinflussen, indem sichergestellt wird, dass die Marke in kritischen Entscheidungsphasen im Bewusstsein der Verbraucher dominiert.
Ebenso trägt die Erweiterung der Network Size dazu bei, dass die Marke mit einer breiteren Palette von Kaufsituationen assoziiert wird, wodurch ihre Relevanz und Erinnerbarkeit erhöht wird.
Mental Penetration und Share of Mind vertiefen dieses Verständnis, indem sie die Tiefe und Breite der mentalen Präsenz der Marke bei den Verbrauchern messen. Diese Kennzahlen zeigen, wie fest die Marke im Bewusstsein der Verbraucher verankert ist und wie oft sie in relevanten Situationen in Erscheinung tritt.
Durch den Übergang zu einem Mental Availability-Ansatz im Brand Health Tracking wird der Schritt von traditionellen, starren Kennzahlen hin zu einer Strategie vollzogen, die sich an die dynamische Natur der Verbrauchermärkte anpasst.
Dieser Ansatz bietet ein proaktives Framework, um nicht nur die Markenstärke zu überwachen, sondern sie auch aktiv zu stärken, indem die Marke relevant, resonant und reaktionsfähig auf die sich ständig verändernde Verbraucherlandschaft bleibt.