Die Conjoint Analyse: Die ultimative Analyse-Methode

Appinio Research · 18.10.2022 · 10min Lesezeit

Puzzlestücke

1. Einleitung

Ein neues Produkt zu entwickeln und auf dem Markt zu etablieren stellt viele Unternehmen vor Herausforderungen. Die zentralen Fragen dabei lauten: Welche Features erwarten meine Kunden und welche davon werden als am wichtigsten bewertet?

Etwa 95% aller neuen Produkt Launches scheitern. Zumeist weil die Produkte nicht den Anforderungen der Konsumenten entsprechen und deren Bedürfnisse nicht erfüllen.

 

Diese Fragen lassen sich allerdings schon während der Entwicklungsphase mittels einer Conjoint Analyse beantworten. Dank dieser ist es möglich, das Verhalten von potenziellen Konsumenten bereits im Vorfeld durch realistische Kaufszenarien vorherzusagen und Lücken im bestehenden Produkt-Wettbewerb zu identifizieren. Das Wort Conjoint ist dabei ein Kofferwort aus den Begriffen “considered” und “jointly”.

 

Daraus ergibt sich auch die Definition der Conjoint Analyse: Diverse Produktmerkmale (Attribute) werden zusammen betrachtet und dann gegen andere Varianten abgewogen.

 

2. Was ist eine Conjoint Analyse?

Die Conjoint Analyse hat ihren Ursprung in der Psychologie und wurde 1964 von Robert Luce und John Tukey entwickelt. Seitdem wird sie vor allem in der Marktforschung und Produktentwicklung genutzt, um bereits in der Entwicklung festzustellen, welche Attribute die Verbraucher sich wünschen und welche sie als besonders wichtig empfinden. Als Attribute gelten zum Beispiel bestimmte Funktionen, Designs oder auch funktionale Merkmale wie Gewicht, Größe und Preis.


Da Konsumenten allerdings dazu neigen, so viele Attribute wie möglich für so wenig Kosten wie nötig zu wollen, verfolgt die Conjoint Analyse einen anderen Ansatz als beispielsweise die MaxDiff-Methode.

Denn die Besonderheit der Conjoint Methode liegt in der Kombination verschiedener Attribute statt in der unabhängigen Gegenüberstellung.

 

Sowohl bei hochpreisigen Produkten wie beispielsweise Automobile, Hardware wie Laptops oder Smartphones und Luxusgütern als auch bei Produkten des täglichen Bedarfs oder während der Konzeption bietet sich die Durchführung einer Conjoint Analyse an und sorgt für klare Verhältnisse.

 

Das Konzept der Analyse ist dabei im Grunde genommen recht simpel. Im Rahmen der Conjoint Analyse werden den Konsumenten unterschiedliche Produkte gezeigt, die sich jeweils hinsichtlich der Merkmalskombination unterscheiden. So kann ein realistisches Erlebnis geschaffen werden, das einer alltäglichen Kaufentscheidung sehr nahe kommt.

 

Beispiel einer Conjoint Umfrage in der Appinio App

 

In dieser beispielhaften Conjoint Analyse werden soll ermittelt werden, welche Schokoladensorte die Konsumenten bevorzugen und welche Preisbereitschaft beim Kauf vorhanden ist.

Dabei werden die jeweiligen Attribute gelevelt, also in einer bestimmten Ausprägung dargestellt. Für das Beispiel ist also das Attribut Sorte in die Level Vollmilch, Weiße Schokolade, Zartbitter unterteilt.

So lässt sich ein Ranking erstellen, das aufzeigt, welche Attribute am wichtigsten und welche Ausprägungen am attraktivsten sind. 

Anhand dieser Auswertung kann dann entschieden werden, welche Kombination für die Konsumenten am ansprechendsten ist, für Sie und Ihr Unternehmen am rentabelsten.

 

Auswertung Conjoint Mockup Germany (1)

 

3. Was ist der Unterschied zwischen einer Conjoint und dem Discrete Choice Model?

Zwischen der Conjoint-Analyse und dem Discrete-Choice-Modell (kurz: DCM) gibt es zwar einige Ähnlichkeiten, aber auch einige deutliche Unterschiede. Bei beiden Modellen handelt es sich um präferenzstrukturierte Modelle, die darauf abzielen, herauszufinden, was einer Konsumentscheidung zugrunde liegt. Der große Unterschied: Während die Befragten die einzelnen Produktprofile mit ihren jeweiligen Eigenschaften bei der Conjoint-Analyse in kleineren Gruppen sehen, sehen sie bei einem DCM alle Produkte gleichzeitig. 

Daher ist das DCM bei der Vorhersage des Käuferverhaltens etwas realistischer als die Conjoint-Analyse. Andererseits kann die DCM für die Befragten überwältigend sein, da sie eine Vielzahl von Optionen sehen. Mit einer Conjoint-Analyse ist es auch möglich, mehr Informationen über die Relativität und Wichtigkeit der Attribute zueinander und ihren Beitrag zur endgültigen Kaufentscheidung zu erhalten.

Ein weiterer Vorteil: Die Conjoint-Analyse eignet sich hervorragend zur Vorhersage des Verhaltens, bevor das Produkt auf den Markt kommt. Dies ist bei der Verwendung eines DCM eher unwahrscheinlich. 

4. Die Choice-Based-Conjoint Methode

Die sogenannte Choice-Based-Conjoint Analyse (kurz: CBC) ist die am häufigsten eingesetzte Form der Conjoint Analyse. Und das nicht ohne Grund. Denn bei dieser Art der Conjoint Analyse wird bewusst darauf hingearbeitet, dass die Konsumenten sich zwischen Varianten entscheiden und somit auch Abstriche in Kauf nehmen müssen.

 

Die Choice-Based-Methode bietet daher eine detaillierte Analyse, die aber dennoch auf realistischen und marktnahen Szenarien basiert. Denn schließlich trifft jeder täglich eine Vielzahl von Entscheidungen und wägt verschiedene Merkmale gegeneinander ab.

 

In der Choice-Based Conjoint Analyse werden alle zuvor festgelegten Attribute gleichmäßig kombiniert, sodass am Ende der Analyse ein statistisch valides Ranking erstellt werden kann.

 

Neben der CBC Analyse, die bei Appinio durchgeführt wird, gibt es auch weitere Arten der Conjoint Analyse. Dazu zählen die Adaptive Choice Conjoint und die Menu-Based Conjoint Analyse. Diese sind jedoch nicht so flexibel einsetzbar wie die Choice-Based-Conjoint Methode.

 

5. Drei Anwendungsbeispiele für Conjoint Analysen

Da bei der Conjoint Analyse für jede neue Durchführung individuelle Attribute festgelegt und beliebig miteinander kombiniert werden können, eignet sich diese Marktforschungsmethode für eine Vielzahl an Anwendungsfällen.

 

Konzepttests

Bereits ganz zu Beginn einer Produktentwicklung bietet sich die Durchführung einer Conjoint Analyse an. Denn so können Konzepte, die von den Konsumenten nicht angenommen werden, direkt außer Acht gelassen werden. Stattdessen können Potenziale identifiziert und anschließend basierend auf der Auswertung weiterentwickelt werden. Durch dieses Vorgehen können im Bestfall wertvolle Ressourcen und Kapazitäten eingespart werden und auch das Risiko eines fehlgeschlagenen Produktes minimiert sich.

 

Diversifikation und Sortimentserweiterung

Auch wenn bereits eine ausgereifte Produktpalette besteht, ist die Conjoint Analyse eine gute Wahl. Denn gerade bei Diversifikationen wie beispielsweise neuen Produktgrößen, -geschmacksrichtungen oder -farben kann es essentiell sein, diese vorher durch eine Marktforschung zu testen. 

Übrigens: Auch für Verpackungs- und Design-Tests  kann die Conjoint Methode genutzt werden.

 

Preisbestimmung mit der Conjoint Methode

Um eine Preisanalyse nach dieser Methodik durchzuführen, kann als Basis eine Van-Westendorp-Preisanalyse durchgeführt werden. Aber auch als alleinige Methode funktioniert die Conjoint Analyse zur Preisbestimmung wunderbar. Außerdem besteht bei dieser Variante der große Vorteil, dass direkt mehrere Konzepte hinsichtlich ihrer Preisbereitschaft getestet werden können und nicht nur ein Produkt.

 

6. Conjoint Methode: Das sind die Best Practices

  1. Nutzen Sie kurze und prägnante Beschreibungen von Produktmerkmalen. So lassen sich Missverständnisse vermeiden, die die Analyse unter Umständen verfälschen könnten.
  2. Nutzen Sie Bilder. So lassen sich die verschiedenen Varianten leichter voneinander unterscheiden und die Befragten können sich noch leichter vorstellen, um was es bei der Umfrage geht.
  3. Verwenden Sie anschauliche Vergleiche für Eigenschaften. Gerade abstrakte Attribute wie Gewicht oder Größe nimmt jeder anders wahr. Daher sollten Level wie “leicht”, “schwer” oder “groß” und “klein” vermieden werden. In solchen Fällen bieten sich konkrete Vergleiche an, wie zum Beispiel: so schwer wie vergleichbares Produkt.

 

Am besten lassen sich diese Tipps übrigens mit dem Appinio Conjoint Analyse Tool umsetzen, denn dort finden sich die entsprechenden Einstellungsmöglichkeiten. Stellen Sie dazu gern eine unverbindliche Anfrage.

 

7. Aufsetzen einer Conjoint Analyse mit Appinio

Step 1:

  • Registrieren Sie sich auf der Appinio-Plattform.
  • Definieren Sie die ca. 3-4 wichtigsten Produktfeatures (zum Beispiel Preis, Design, Größe), die getestet werden sollen.
  • Kontaktieren Sie einen unserer Marktforschungs-Experten. Diese werden von der Definition der Produktfeatures bis zum Go-Live Ihrer Umfrage begleiten.

Step 2:

  • Gehen Sie mit Ihrer Umfrage live
    • Unsere professionellen Marktforscher prüfen Ihre Umfrage final, bevor sie live geht.
    • Anschließend wird Ihre Umfrage von unserem Panel umgehend beantwortet.

Step 3:

  • Analyse der Daten:
    • Analysieren Sie Ihre Daten in unserem interaktiven Dashboard in Echtzeit.
    • Die Ergebnisse der Conjoint Befragung werden von unseren Research Consultants visualisiert und direkt nach Beendigung der Studie zur Verfügung gestellt. Dementsprechend können die Ergebnisse sofort zur Entscheidungsfindung genutzt werden.
    • Exportieren Sie jederzeit Powerpoint, Excel oder CSV Dateien.
Auswertung der Conjoint Analyse - Wichtigkeit einzelner Faktoren
 
Auswertung der Conjoint Analyse - Einfluss einzelner Faktoren
 

8. Welche Vor- und Nachteile bietet die Conjoint Analyse?

Vorteile:

  • Dank der Conjoint Analyse kann leicht festgestellt werden, welche Merkmale ein Produkt haben sollte und auf welche die Konsumenten verzichten würden.
  • Durch die vielen unterschiedlichen Kombinationen können auch unterbewusst getroffene Entscheidungen erfasst und ausgewertet werden.
  • Die Conjoint Analyse ermöglicht ein absolut flexibles Forschungsdesign.
  • Die Methode ist sehr vielseitig. Von den Produktmerkmalen, über Preisbereitschaft bis hin zum Verpackungsdesign kann eine Vielzahl an Umfragen abgedeckt werden — in einer einzigen Studie!

Nachteile:

Neben den Vorteilen ergeben sich, wie bei jeder Methode, auch ein paar Nachteile bei der Analyse. So ist es beispielsweise möglich, dass:
  • Befragte sich für Luxus-Varianten entscheiden, weil sie keine reale Kaufentscheidung treffen und sie das Geld nicht wirklich ausgeben.
  • Dadurch kann es zu einer Abweichung zwischen Umfrage-Ergebnissen und dem tatsächlichen Marktverhalten kommen.

Fazit zur Conjoint Analyse

Die Durchführung einer Conjoint Analyse bietet eine Vielzahl an Vorteilen und ist für eine große Bandbreite an Use Cases anwendbar. Besonders in den Bereichen Produktentwicklung und Marketing stellt die Conjoint Methode eine einfache, kosteneffiziente Lösung dar. Ein besonderer Vorteil ergibt sich zudem dadurch, dass mehrere Kombinationen und Varianten getestet werden können, ohne dass die Konsumenten sich aus einer Liste von Attributen ihre Favoriten aussuchen müssen. So spiegelt die Conjoint Analyse äußert realistisch eine alltägliche Kaufentscheidung wieder.

Die Conjoint Analyse zusammengefasst

  • Die Conjoint Analyse ist eine Methode, die in der Marktforschung und Produktentwicklung eingesetzt wird, um die Präferenzen der Verbraucher für verschiedene Attribute und Merkmale zu ermitteln. Sie kombiniert verschiedene Attribute, um den Konsumenten realitätsnahe Produktalternativen zu präsentieren und ihre Kaufentscheidungen zu simulieren. Dadurch können wichtige Erkenntnisse darüber gewonnen werden, welche Attribute von den Verbrauchern als besonders wichtig erachtet werden.
  • Nachfolgend finden Sie die grundlegenden Schritte zur Durchführung einer Conjoint-Analyse: 1.) Bestimmen Sie eine Auswahl von 3–5 Attributen (z. B. Farbe, Größe, Preis usw.), 2.) Stellen Sie sicher, dass jedes unterschiedliche Merkmale aufweist (z. B. blau, grün, gelb), 3.) Bilden Sie zufällig zusammengestellte Sets, die Produkt- oder Dienstleistungspakete simulieren, 4.) Anschließend müssen sich die Teilnehmer zwischen den verschiedenen Sets entscheiden.
  • Der Gesamtnutzen eines Produkts beschreibt die erhobene, globale Präferenz und wird aus der Summe der Teilnutzenwerte für jedes einzelne Merkmal oder Attribut abgeleitet.
  • Der Teilnutzen ist der Beitrag eines bestimmten Merkmals oder Attributs zur Gesamtnutzenbildung. Dieser Wert spiegelt wider, wie stark das jeweilige Merkmal die Entscheidungen der Verbraucher beeinflusst.
  • Der Grenznutzen gibt an, wie stark sich der Gesamtnutzen verändert, wenn sich ein Merkmal oder Attribut um eine Einheit ändert.

 

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