Let's talk about sex: Warum noch immer viele Wünschen offen bleiben

Pressemitteilung · 10.02.2022 · 8min Lesezeit

Intimität hat viel mit Vertrauen zu tun: Darüber zu sprechen, was man unter gutem Sex versteht, kann das gemeinsame sexuelle Erleben auf ein neues Level heben

Hamburg, 2022 – Nur ein Fünftel der Deutschen führt ein rundum zufriedenes Sexleben. Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Appinio und Gospring.de/Wellster Healthtech. Vor dem Hintergrund, dass 50 Prozent der Befragten in einer monogamen Beziehung leben, scheinen viele Wünsche auch innerhalb von Partnerschaften unausgesprochen zu bleiben. Die Umfrage macht deutlich, dass es im Kern um zwei Learnings geht: 

 

Intimität hat viel mit Vertrauen zu tun: Darüber zu sprechen, was man unter gutem Sex versteht, kann das gemeinsame sexuelle Erleben auf ein neues Level heben. Wünsche äußern, Fantasien offenbaren, Intimitäten teilen? Für viele Menschen ist eine offene Kommunikation über Sex aber eine große Herausforderung. Doch genau darum geht es. „Wer ein erfülltes Sexleben haben will, muss es schaffen, das Thema nicht nur mit Freundinnen und Freunden, sondern vor allem in der Partnerschaft zu besprechen“, erklärt Gynäkologin Prof. Dr. Mandy Mangler, Chefärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe Vivantes Klinikum Berlin. Dem oder der Sexualpartner:in die intimsten Wünsche und Bedürfnisse anzuvertrauen, sei eine wichtige Voraussetzung, um gemeinsame Schnittmengen zu finden und sich beim Sex fallen lassen zu können, so die Expertin.

Key Insights:

  • Wer guten Sex haben will, sollte ehrlich darüber sprechen können. Nicht nur mit Freundinnen und Freunden, sondern vor allem innerhalb der eigenen Partnerschaft.

  • Pornos als gemeinsame Inspirationsquelle sind top. Doch ein übermäßiger Pornokonsum kann Bilder im Kopf zementieren, die den sogenannten „Performance-Druck“ erhöhen und unrealistische Erwartungshaltungen wecken.

Zitation: Die Umfrage wurde vom 30. bis 31.  August 2022 von Appinio durchgeführt. Befragt wurden 1.000 Personen in Deutschland im Alter von 18 bis 65 Jahren, national repräsentativ für das Alter und Geschlecht der Bevölkerung. Zu den Studienergebnissen im Appinio Dashboard geht es hier.

Zu viele Pornos? Verzerrte Erwartungshaltungen sind vorprogrammiert

Dass da offenbar noch Luft nach oben vorhanden ist, macht die Appinio-Umfrage deutlich. Auffallend ist, dass Frauen realistischere Erwartungen an den zeitlichen Umfang von Sex haben, als Männer. Gefragt nach der idealen Dauer der Penetration gaben beispielsweise knapp doppelt so viele Frauen wie Männer einen Zeitraum zwischen 1 und 5 Minuten an. Und das ist nah an der Realität: Laut einer im Journal of Sexual Medicine veröffentlichten Studie liegt der tatsächliche Durchschnitt nämlich bei 5,4 Minuten – Vor- und Nachspiel nicht mitgezählt. Ob diese Unterschiede in der Einschätzung auch auf den Porno-Konsum zurückgehen? Der Umfrage nach schauen nach wie vor nämlich deutlich mehr Männer Pornos als Frauen. Während nur 28 Prozent der Frauen angaben, Pornos zu konsumieren, waren es bei den Männern rund 59 Prozent Hinzu kommt, dass Männer ihr eigenes Sexleben häufiger mit pornografischen Inhalten vergleichen. Auch das könnte ein Grund dafür sein, dass die Erwartungshaltung von Männern an die Dauer des Geschlechtsverkehrs deutlich höher ist als bei Frauen. „Wenn die Erwartungen an Sex nur durch Pornografie und verzerrte Berichte der Kumpels entstehen, wächst häufig große Unsicherheit”, weiß Dr. Simon Senner, Chefarzt am Zentrum für Psychiatrie Reichenau/Konstanz. Der „Performance-Druck” steigt und unrealistische Vorstellungen werden geschürt. „Wahre Intimität kann dabei verloren gehen”, meint Senner. 

 

Prof. Dr. Mandy Mangler und Dr. Simon Senner ordnen die Ergebnisse der Umfrage medizinisch und psychologisch ein, erzählen aus ihrem Praxisalltag und teilen Tipps für eine gesunde Sexualität. 

Listicle: 5 Tipps für ein erfülltes Sexleben

Sex-Talk: Sprecht miteinander – auch über vermeintliche Tabuthemen

Am Anfang steht die Selbsterkenntnis: Zu wissen, welche erotischen Muster man hat, ist ein wichtiger Schlüssel für eine gemeinsame Schnittmenge an Intimität. „Habt keine Scham zu kommunizieren, wie ihr funktioniert“, lautet die Botschaft von Prof. Dr. Mandy Mangler. Dazu gehören auch Unsicherheiten, die völlig normal sind und geschlechterunabhängig existieren. Bei Frauen kann das z. B. Vulventrockenheit sein, bei der aber Gleitmittel sehr gut helfen können. Erektionsstörungen oder frühzeitige Ejakulation seien Themen, die Männer bewegen, so die Expertin. Die Umfrage zeigt, dass rund drei Viertel der Männer bereits mit betäubenden Mitteln experimentiert haben oder es sich vorstellen können, um länger „durchzuhalten“. „Unsicherheiten mit der eigenen Sexualität und daraus resultierender Druck existieren geschlechterunabhängig – wobei die Probleme und Lösungsansätze spezifisch sind. Übergreifend gilt vor allem ein Rezept: Sprecht miteinander”, meint Dr. Simon Senner.

Sex-Talk mit Freund:innen? Eine gute Idee! 

Vielleicht inspiriert durch Sex in the City läuft die Kommunikation über Sex unter besten Freund:innen schon sehr gut: 50 Prozent der männlichen und weiblichen Befragten gaben an, sich darüber auszutauschen. Interessant ist hier vor allem ein Unterschied: Während Frauen auch über negative Erlebnisse und Misserfolge berichten, sprechen Männer ausschließlich darüber, was gut gelaufen ist. Der Appell von Dr. Simon Senner: „Heldengeschichten können zusätzlich für Druck und eine verzerrte Wahrnehmung sorgen“, so der Experte und erklärt: „Die Kommunikation auch über Misserfolge und ‘Pannen’ kann einen psychologisch positiven Effekt haben und dazu führen, dass Unsicherheiten und Schamgefühle abgebaut werden. Gleichzeitig wird ein persönlicher Lerneffekt begünstigt. Denn wer formuliert, was er oder sie nicht mag, lernt seine oder ihre tatsächlichen Wünsche kennen und diese langfristig auch zu kommunizieren.“

Pornos: Quelle für Verunsicherung und Inspiration

Erst einmal vorweg: Rund 60 Prozent der befragten Frauen und Männer geben an, manchmal Dinge aus Pornos auszuprobieren. Das zeigt eine grundsätzliche Offenheit gegenüber Pornos, die die gemeinsame Intimität stärken kann. Allerdings gibt es bezüglich der Frequenz erhebliche Unterschiede: Männer sehen immer noch sehr viel häufiger Pornos als Frauen, was dazu führt, dass sie ihr eigenes Sexleben auch häufiger mit Pornos vergleichen als Frauen. Dass Pornokonsum die Erwartungshaltung verzerren kann, darauf deuten die Ergebnisse in Bezug auf die Dauer von Sex und die Bereitschaft zur Verwendung betäubender Mittel hin. Dr. Simon Senner beobachtet, dass vor allem übermäßiger Konsum unrealistische Erwartungshaltungen in Bezug auf Sex herbeiführen kann. Und das wiederum führt oft zu Frust bei einem selbst, aber auch bei Partner:innen. „Es ist wichtig, dass wir uns bewusst machen, dass reale sexuelle Erlebnisse auch etwas mit Emotion und Menschsein zu tun haben und nicht nach Drehbuch ablaufen.”

 

Die Empfehlung von Prof. Dr. Mandy Mangler: „Schaut zusammen Pornos, aber macht euch klar, dass sie nicht das wahre Leben abbilden. Eine realistischere Darstellung bieten oft weniger mainstreamige Plattformen. Was das anbelangt, ist der Markt sowohl deutlich diverser als auch authentischer geworden.“ 

Die Dauer von Sex: Lasst euch nicht unter Druck setzen

Die Umfrage spiegelt wider, dass Männer die optimale Zeitspanne von Geschlechtsverkehr sehr viel länger einschätzen als Frauen. Auch hier können „Heldengeschichten“ aus dem Freundeskreis oder Pornokonsum unrealistische Bilder erzeugen. Fakt ist: „Gemeinsame Sexualität ist extrem situationsabhängig und bedient unterschiedliche Bedürfnisse“, so Prof. Dr. Mandy Mangler. Ein Quickie kann genauso erotisch sein wie der ausgedehnte Liebesakt mit langem Vor- und Nachspiel. „Es ist völlig normal, mal das eine oder mal das andere zu wollen. Wichtig ist und bleibt die gute Kommunikation darüber“, resümiert die Expertin. 

Für guten Sex braucht es keinen Orgasmus

Interessanter Insight der Studie: Weder Frauen noch Männer beurteilen die Qualität des Sexes nach der Orgasmus-Frequenz. Und sie sind sich einig: Der Höhepunkt des bzw. der Partner:in ist ein gemeinsamer “Erfolg”, an dem sich beide beteiligen. Allerdings spricht auch nichts dagegen, bei sich selbst Hand anzulegen. Rund 15 Prozent der befragten Männer und Frauen tun dies sogar lieber, als es dem jeweils anderen zu „überlassen”. Ganz nach dem Motto von Woody Allen: Selbstbefriedigung ist Sex mit jemandem, den du sehr liebst. “Ob zusammen oder allein, Orgasmen sind toll. Bei Berührungen wird das Wohlfühlhormon Oxytocin ausgeschüttet. Das an sich steigert schon unsere Lebensqualität. Und beim Orgasmus werden viele verschiedene Hirnareale stimuliert. Diese Erregung wird schließlich weitergegeben an die Nerven in Penis und Klitoris und es entsteht ein Orgasmus. Dabei werden zahlreiche Hormone freigesetzt, die die starken Glücksgefühle auslösen”, erklärt Prof. Dr. Mandy Mangler. 

 

Allerdings ist der Orgasmus kein Muss: Sowohl Männer als auch Frauen gaben in der Umfrage an, Sex ohne Höhepunkt mitunter als genauso befriedigend zu empfinden. „Er fördert die Paarbindung und führt zu Zufriedenheit,” weiß Prof. Dr. Mandy Mangler, „aber auf Dauer ist orgasmusfreie Sexualität für viele Menschen nicht erstrebenswert”.

Die wichtigsten Links

  • Pressemitteilung im PDF Format: Zum Download
  • Zu den Ergebnissen im Appinio Dashboard geht es hier hier.

 

 

 

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